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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - „Sprunghafte mediale Aufmerksamkeit“
Quelle: Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
„Sprunghafte mediale Aufmerksamkeit“
Die Netzbetreiber investieren gewaltige Summen in ihre Infrastruktur. Deutschlandweit spitze bei den Investitionen: das Bayernwerk. Vorstand Egon Leo Westphal zu den Herausforderungen.
 
E&M: Herr Westphal, als Sie die Meldungen über die Netzengpässe in Oranienburg gelesen haben − waren Sie da überrascht?

Westphal: Dass wir vor großen Herausforderungen beim Netzausbau stehen, ist allen klar. Insofern ist es nicht überraschend, dass eine solche Diskussion hochkommt. Es zeigt vor allem auch, wie wichtig es ist, in einen vorausschauenden Netzausbau zu kommen, dass man rechtzeitig alle Informationen erhält und diese einplanen kann. Ein regelmäßiger Austausch aller Beteiligten und eine gemeinsame vorausschauende Netzplanung müssen ein Schwerpunkt für die Zukunft sein.
 
Egon Leo Westphal, Vorstandsvorsitzender Bayernwerk
Quelle: Bayernwerk

E&M: Sie haben sicher auch mit Kollegen darüber gesprochen: Wie ist denn die Einschätzung der Situation in der Branche, ist man beunruhigt oder eher gelassen?

Westphal: Zum einen ist diese sprunghafte mediale Aufmerksamkeit interessant gewesen. Zum anderen ist klar geworden, dass es in dieser Qualität eher ein Einzelfall ist und es rasch gelungen ist, die Debatte zu ordnen. Es hat sich schnell aufgeklärt und die Fakten liegen heute auf dem Tisch. Die Diskussion ist gelassener geworden.

E&M: Auch wenn es jetzt überall heißt, das sei eine Ausnahme − dass die Lage in den Verteilnetzen eine Herausforderung ist, das haben ja auch Sie in den vergangenen Jahren immer wieder betont.

Westphal: In diesem speziellen Fall ist es eine Ausnahme. Aber allgemein stehen wir vor gewaltigen Herausforderungen und es ist eine Daueraufgabe, den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze in Gleichklang zu bringen.

E&M: Sie haben einmal gesagt, es müsse in den nächsten Jahren ein zweites Bayernwerk gebaut werden. Was heißt das genau?

Westphal: Man sieht das jetzt sehr schön an den Anschlusszahlen: Wir haben im letzten Jahr 2.200 Megawatt Erneuerbare angeschlossen, bei einer Gebietslast von insgesamt 7.000 bis 8.000 Megawatt. Und wenn ich sehe, dass wir einen Einspeiserekord nach dem anderen melden können, von morgens bis abends Stromüberschuss haben und ins europäische Netz einspeisen, dann sind wir jetzt in Größenordnungen vorgedrungen, die historisch sind. Das belegt auch unser vorgestelltes Wachstumsprojekt mit Netzausgaben von 5,1 Milliarden Euro bis 2026.

E&M: Die ganzen Maßnahmen kosten viel Geld. Wie stemmen die Verteilnetzbetreiber die gewaltigen Investitionen?

Westphal: Hier sind die regulatorischen Rahmenbedingungen wichtig, die es Geldgebern ermöglichen, die Mittel zur Verfügung zu stellen. Die zweite Facette ist aber auch, dass wir den Netzausbau meistern müssen. Da können wir festhalten: Wir hatten letztes Jahr bereits ein Rekordbudget und wir haben die Umsetzung erfolgreich geschafft. Und vor uns liegen Jahre mit neuen Rekordbudgets. Das sind gewaltige Aufgaben, für die wir viele Vorbereitungen treffen. Zum Beispiel beim Personalaufbau oder dass wir bei den Betriebsmitteln von der Werkstattfertigung in eine Massenfertigung gehen.

E&M: Sind Sie da als Tochter der großen Eon im Vorteil gegenüber anderen Unternehmen?

Westphal: Ich glaube schon, dass wir dadurch, dass wir in einen großen Konzern eingebunden sind, Vorteile haben. Zum Beispiel ist Standardisierung bei der nötigen Netzausbaugeschwindigkeit ein großes Thema. Da haben wir natürlich einen ganz anderen Hebel, den wir ansetzen können. Ein zweiter Punkt: Um das Bayernwerk zu verdoppeln, benötigen wir auch entsprechende Betriebsmittel. Dabei haben wir über den gemeinsamen Einkauf im Konzernverbund Vorteile. Außerdem ist der fachliche Austausch innerhalb des Konzerns ein ganz wichtiges Thema. Man kann sagen: Eon trägt die Energiewende in Bayern.

E&M: Ein weiteres Stichwort ist der Fachkräftemangel, der die Energiewende auszubremsen droht. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Westphal: Wir bauen Personal auf, in den letzten 18 Monaten 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu kommen neue Stellen bei Firmen, die für uns arbeiten. Es geht um Tausende Beschäftigte bei unseren Partnerfirmen auf den Baustellen. Und wir haben die Bayernwerk-Akademie gegründet, eine innovative Qualifizierungsschmiede für Fachkräfte der Energiewende. 

E&M: Sie setzen ja nicht nur auf zusätzliches Personal, sondern auch auf Drohnen, Roboter, Digitalisierung und KI.

Westphal: Es gibt viele Initiativen technischer Natur gegen den Fachkräftemangel. Drohnen und Roboter unterstützen die Entwicklung. Wir haben zum Beispiel das Projekt ‚SIEAERO‘, bei dem Multisensoren und KI zur Trasseninspektion eingesetzt werden. Zum einen durch die Inspektion direkt, aber wir haben damit auch die Möglichkeit, Daten zu generieren, um leistungsfähige digitale Zwillinge unserer Netze zu entwickeln, was im Nachgang wiederum für eine weitere betriebliche Optimierung sorgt. Oder wir bringen Messsensorik direkt an Freileitungen an. Die Informationen ermöglichen es, den Betrieb und die Auslastung der Leitungen zu optimieren.

E&M: Was macht das Bayernwerk bei der Energiewende anders als andere Verteilnetzbetreiber?

Westphal: Wir verstehen uns als Teil einer Verantwortungsgemeinschaft. Wir sind in den Regionen mit allen Stakeholdern vernetzt, ob das Gewerbe, Industrie, Politik oder Genehmigungsbehörden sind. Wir sind geprägt durch die Energiewendeerfahrung mit der Photovoltaik und so planen wir aus den ländlichen Regionen heraus den Umbau des Systems. Wir haben die Energiewende damit von Anfang an anders erfahren − das hat wiederum zu anderen Lösungsansätzen geführt. Aber wir haben auch eine Vision, wie wir städtische Bereiche in die Energiezukunft führen wollen. Wir gehen als Bayernwerk ‚all-in‘ für die Energiewende und die Energiezukunft Bayerns.
 

Günter Drewnitzky
Redakteur
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Montag, 17.06.2024, 08:16 Uhr

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